Pimpel hat die Küche erreicht. Wie im ganzen Palast ist auch hier nicht viel los. Lediglich zwei Küchenhilfen kümmern sich um den Abwasch. Pimpel überblickt die ganze Küche und schließt, daß das Bier und Trinkwasser in der Speisekammer sein müssen. Leider stehen genau vor dieser Tür die beiden Küchenhilfen. In der Nähe der Eingangstür zur Küche, wo sich Pimpel befindet, stehen aber diverse leere Krüge in allen Größen herum. Pimpel beschließt, sich davon zwei große zu nehmen und sie wo anders aufzufüllen. Das Wasser ist kein Problem, das holt er aus dem Bach in dessen Bett sie ins Schloß gekommen sind. Das Bier muß er noch irgendwie improvisieren, aber wenn Miris Mittel gut und schnell wirkt, ist das vielleicht egal.
Auf Umwegen erreicht Pimpel die Gärten des Schloßes und füllt die Krüge auf. Einen ganz voll, den anderen zur Hälfte. Nun macht er sich auch den Weg zurück, denn die anderen werden schon warten. Er hofft, das Brummbär was passendes von Miri bekommen hat. Als er den Flur im Gesindehaus erreicht, der zum Haupttor führt, läßt er einen leisen Pfiff ertönen. Die letzte Tür öffnet sich einen Spalt und Pimpel marschiert darauf zu. In dem Raum befinden sich seine Zwergenfreunde, außer Brummbär, Sven, Strolch, Mathilde, Dorothea, Harald, der mittlerweile wieder laufen kann und Agathe, sowie Anastasia. „Anastasia? Wieso Anastasia“, fragt er in die Runde.
„Weil Miri sich bei König Roland eingeschlossen hat und ihn aufpäppelt. Vor der Tür des Schlafzimmers stehen zwei Wachen, die niemanden hinein lassen, der kein legitimes Anliegen an den König hat. Miri kam nur hinein, weil sie wie eine Magd aussah und was von Medizin von Malefitz erzählte. Der König wollte sie sehen“, erklärt Anastasia. „Danach bin ich nicht mehr an sie ran gekommen. Ich suche Florian, wo ist der?“
„Was?? Wenn Miri beim König ist, wo ist dann Brummbär abgeblieben? Der sollte doch zu ihr und ein Schlafmittel holen“, sagt Pimpel verwirrt.
„Wenn er zu Malefitz gelaufen ist, hoffe ich für ihn, das er nicht einfach hinein gerannt ist…“, gibt Anastasia zu bedenken.
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Florian hat, nachdem sie sich in den Gärten wieder getrennt hatten, keinen der anderen Freunde mehr gesehen. Er selbst hat es sich auf einer Turmspitze bequem gemacht. Von hier aus kann er den Hof überblicken. Bis auf diese seltsame Gestalt, die mit den Wachen gesprochen hat, ist auf dem Hof seit Stunden nichts passiert. Die Wachleute marschieren stupide auf und ab und von den beiden Zwergen, die das Tor übernehmen sollten, ist nichts zu sehen. Wo treiben die sich denn rum?, fragt sich Florian. Im Schloß scheint auch alles ruhig zu sein. Entweder die Befreiung der Freunde läuft wie am Schnürchen, ober sie sind alle geschnappt worden. Warum haben wir eigentlich keinen Plan B ausgemacht? Florian geht alle möglichen Szenarien im Kopf durch. Er beschließt dann noch eine Runde über das Schloß zu drehen.
Von oben sieht er den leeren Hof des Palastes, die Dächer der Nebengebäude, das bewachte Haupttor. Er überfliegt eine Mauer, dann ist er über den Gärten. Er sieht den kleinen Bach, der irgendwann unter der Schloßmauer verschwindet und durch den sie gekommen sind, aber keinen der Freunde. Er fliegt an der Wappengalerie mit den ganzen Linien vorbei, bis er zu dem etwas abseits stehenden Ostturm kommt. Hier hat Malefitz ihre Gemächer. Aus den dunklen Fenstern dringt geiles Gestöhne und Gekreische. Florian beschließt, vorsichtig auf der Fensterbank eines der Fenster zu landen und einen Blick zu riskieren.
Er muß sein ganzes Geschick aufbieten, denn das Ganze ist nicht nur verdammt hoch, sondern der Fenstersims ist auch noch recht schmal. Er ist nun mal kein Raubvogel wie ein Falke oder Habicht. Florian klatscht mit ausgebreiteten Flügeln gegen das Fenster, er hat sich etwas verschätzt. Er schafft es aber, sich mit den Krallen auf dem Fenstersims zu halten und trotz seines kleinen Unfalls nicht abzustürzen.
Sein Unfall hat aber auch was Gutes. Dadurch, das er gegen das Lattenkreuz des Fensterrahmens geknallt ist, hat er auch das nicht richtig verschlossene Fenster aufgedrückt. Durch die geschwärzten Fensterscheiben ist nichts zu sehen, aber er kann seinen schmalen Kopf am Fensterflügel vorbei in den Raum strecken. Er sieht Unfassbares…
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„Kann oder will keiner meine Frage beantworten? Wo ist Florian?“, fragt Anastasia in die Runde.
„Seit wir uns getrennt haben und in des Schloß eingedrungen sind, habe ich ihn nicht mehr gesehen. Ist er nicht mit euch mit, Pimpel“, fragt Strolch.
„Nun ja, schon, aber auch wir haben uns getrennt. Er wollte alles von oben beobachten. Aber seit dem habe ich ihn auch nicht mehr gesehen“, gibt Pimpel zu.
„Verdammt, das heißt, niemand hat ihn seit unserem Eindringen hier mehr gesehen. Hoffentlich geht’s ihm gut und er ist niemanden in die Hände gefallen“, befürchtet Anastasia.
„Also in der Küche ist er nicht gelandet. Da bin ich absolut sicher. Es ist nämlich kein Koch da“, sagt Pimpel erheitert.
„Wenigstens etwas Erfreuliches. Aber das heißt auch, er könnte sich auf den Dächern herumtreiben und gar nicht so genau wissen, was hier drinnen ab geht. Ich muß aufs Dach“, sagt Anastasia bestimmt.
„Na dann mach dich mal flugbereit“, grinst Agathe breit und stapft in ihrer Wachuniform auf Anastasia zu.
„Was hast Du vor?“, fragt Anastasia und verkrampft sich.
„Ganz einfach, wir beide gehen jetzt aus dem Fenster hier auf der Rückseite, dann sorge ich dafür, das Du auf dem Dach des Gebäude landest“, sagt Agathe.
„Oh, Gott…“, jammert Anastasia und wird von Agathe gepackt.
Agathe marschiert zu dem Fenster auf der anderen Seite des Raumes, öffnet es und klettert mit Anastasia heraus ins Freie. Die beiden sichern sich einen guten Platz, dann fragt Agathe: „Bereit?„
„Was ist, wenn ich nein sage?“, fragt Anastasia.
„Dann mußt Du dich halt im Flug ausrichten und ordentlich landen. Ab geht’s!“, sagt Agathe ganz ruhig. Dabei schleudert sie Anastasia aus der Hocke nach oben. Anastasia klägliches Miauen und Fauchen verhallt von den Wachen ungehört.
Agathes Schwung war heftig und Anastasia gewinnt sehr rasch an Höhe. Die Stockwerke des Gesindehauses fliegen an ihr vorbei, die Traufe wird passiert und die Ziegelfläche des Daches breitet sich vor ihr aus. Sie fliegt so hoch, daß sie auch den First reißt und über das Gebäude sehen kann. Nun muß sie sich ausrichten, um auf dem Dach zu landen und nicht abrutschen. Der Schwung läßt nach und langsam tritt sie wieder den Weg nach unten an. Anastasia schafft es.
Mit ihrer Gewandtheit landet sie auf dem Ziegeldach und kann sich fest krallen. Schnell erklimmt sie das Dach und marschiert auf dem First weiter, bis zu nächsten Möglichkeit, weiter nach oben zu kommen.
Nach einigen tollkühnen Sprüngen und Klettereinlagen erreicht sie einen Punkt, von dem aus sie zufällig den Ostturm sehen kann. An einem der obersten Fenster, kurz über einem Übergang in den Turm entdeckt sie etwas Gefiedertes. Sie schaut sich um, ob sie allein ist, dann stößt sie einen schrillen Pfiff aus. Das gefiederte Etwas schreckt hoch und dreht sich um. Es ist Florian.
Anastasia macht sich bemerkbar und winkt ihm zu, er möge zu ihr kommen. Gar nicht so einfach für den Hahn. Beim Start vom Boden hat er wenigstens eine Startbahn und Anlauf, aber hier an dem Turm nur einen handbreiten Sims. Er springt und flattert auf den Übergang unter ihm. Von hier aus kann er ordentlich starten und zu Anastasia fliegen.
Ein paar Minuten später ist er bei ihr. Er sieht sichtlich geschafft und erschrocken aus.
„Hallo, schön mal wieder ein freundliches Gesicht zu sehen. Wo ward ihr alle?“, begrüßt er Anastasia.
„Das frage ich Dich. OK. Dann bringe ich Dich mal auf Stand. Die Zwerge, Dorothea, Mathilde und Harald sind befreit und warten unten auf uns. Die einzigen die fehlen, warst Du und Schneewittchen. Miri ist beim König, aber ich habe keine Ahnung wo Brummbär ist und wie wir durch das Haupttor kommen sollen, denn da stehen noch die Wachen vor. Miri müssen wir auch noch holen. Und was hast Du?“, sagt Anastasia nervös.
„Ich habe gerade das blanke Grauen gesehen. Ein widerliches, altes Etwas, das sich an Schneewittchen und einem kleinen Kerl vergeht. Aber wenn Du sagst, ihr könnt Brummbär nirgends finden, dann war das wohl er…“, erklärt Florian.
„Was zum Teufel sollte er denn in dem Turm machen?“, fragt sich Anastasia, aber dann fällt es ihr siedend heiß ein. „Verdammt, er war auf der Suche nach Miri und wurde von Malefitz geschnappt!“
„Ja und ich fürchte, wir sind zu spät. Ich habe bei den beiden keine Regung mehr gesehen. Schneewittchen liegt nackt verschnürt auf einem Tisch, dicke Stangen rotieren in ihren Löchern, eine Peitsche peitscht sie wie von selbst. Sie scheint keinen Ton mehr von sich zu geben. Das widerliche Ding hatte sich gerade über den kleinen Kerl her gemacht, als du gepfiffen hattest. Der sah auch nicht gut aus, was bei dem Anblick auch kein Wunder ist“, erzählt Florian.
„Verflucht! Los komm mit, wir müssen Miri erreichen, damit wir hier endlich zu Potte kommen. Du mußt zum Fenster des Schlafzimmers des Königs fliegen und ihr Bescheid geben. Wir müssen zum einen das Tor übernehmen und auch Malefitz ausschalten. Ich hoffe inständig, daß noch nicht alles verloren ist“, sagt Anastasia.
„Gut, wo muß ich hin und wo soll Miri euch treffen?“, will Florian wissen.
„Ich überlege gerade. Das Beste wird sein, Agathe, Strolch, Sven, Pimpel und ich treffen sie auf dem Weg zu Malefitz Turm, dann kann Pimpel seinen Plan mit den anderen für das Tor umsetzen. Ja, das ist das Beste“, sagt Anastasia. „Ich zeige Dir das entsprechende Fenster.“
Die beiden machen sich auf den Weg zurück über die Dächer, bis sie wieder auf dem Gesindehaus sind. Agathe wartet noch immer an die Wand gelehnt auf Anastasia. Die rutscht mit Florians Hilfe runter zur Traufe, bevor sie sich dann todesmutig in Agathes wartende Arme fallen läßt. Nachdem Anastasia wieder etwas ruhiger ist, zeigt sie Florian das besagte Fenster, dann klettert sie mit Agathe zurück in den Raum zu den anderen. Hier erläutert sie ihren Plan und das weitere Vorgehen. Pimpel, Agathe Strolch und Sven machen sich dann mit ihr auf den Weg. Die anderen warten in dem Raum und behalten das Tor im Auge, bis Pimpel zurück kommt.
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Florian flattert los, dreht ein paar Runden, um Höhe zu gewinnen, dann peilt er das von Anastasia beschriebene Fenster an. Vorsichtig landet er auf dem Fenstersims und schaut hinein. Er kann das Schlafzimmer König Rolands überblicken. Der König sitzt im Nachthemd auf dem Bettrand, Miri steht vor ihm und sie scheinen sich zu unterhalten. Das Mädel hat die Ruhe weg. Wir machen Pläne, das Schloß zu besetzen und sie quatscht in aller Ruhe mit dem König, denkt er bei sich.
Florian pickt mit seinem Schnabel an die Fensterscheibe. Miri und der König schrecken hoch und blicken sich um. Roland legt sich wieder ins Bett und zieht die Decke hoch. Miri folgt Florians weiteres Picken an die Scheibe zu dem entsprechenden Fenster. Nachdem sie Florian erkannt hat, öffnet Miri das Fenster und läßt ihn ein.
„Wer ist das, Kind?“, fragt Roland vom Bett aus.
„Das ist Florian, ein Freund von mir“, antwortet Miri.
„Was will er denn und warum kommt er durchs Fenster?“, will Roland wissen.
„Das frage ich mich allerdings auch“, sagt Miri.
„Ich wünsche einen angenehmen Tag, eure Majestät. Meine Freundin Miri hat mich ja bereits vorgestellt, ich bin Florian, der Hahn. Warum ich durchs Fenster komme? Es ist einfacher für mich und es erspart Debatten mit den Wachen. Und ich bin hier, um Miri abzuholen“, erklärt Florian freimütig.
Zu Miri gewand fragt Florian leise: „Was hast Du ihm erzählt und wie weit können wir ihm trauen? Steht er immer noch unter Malefitz Fuchtel?“
Miri flüstert zurück: „Ich habe ihm so viel erzählt wie nötig. Er beginnt langsam zu verstehen was vor geht. Von ihm geht meiner Meinung nach keine Gefahr aus. Aber wieso willst du mich abholen, was ist los?“
„Pimpel braucht ein paar Tränke von Dir, um das Haupttor einzunehmen und die anderen brauchen Dich, um gegen Malefitz vorzugehen. Sie hat Schneewittchen und Brummbär in ihrer Gewalt in ihrem Turm. Wenn wir uns nicht beeilen, sind die beiden verloren und alles war umsonst. Wir sollen die anderen auf dem Weg zum Turm treffen“, erklärt Florian leise.
„OK, ich verabschiede mich kurz, dann mache ich mich auf den Weg. Du solltest aber wieder aus dem Fenster verschwinden, sonst werden die Wachen mißtrauisch“, sagt Miri leise.
„Gut, ich fliege zurück zu den anderen. Bis später dann“, verabschiedet sich Florian und setzt zum Rückflug an. Miri schaut ihm kurz nach, dann verschließt sie das Fenster wieder und geht zurück zu König Roland.
„Majestät, ich muß mich jetzt leider verabschieden. Ich werde andern Orts gebraucht. Bitte trinkt weiter die Tränke, die ich euch gebraut habe, damit ihr wieder zu Kräften kommt. Und bitte, haltet euch von Malefitz fern. Sie versucht, euch umzubringen, indem sie eure Kraft aussaugt und zwar im wahrsten Sinne des Wortes!“, erklärt Miri. Dann gibt sie König Roland einen Abschiedskuss auf die Stirn, deckt ihn zu und sammelt ihr Zeug ein. Als sie alles zusammen hat, geht sie zur Tür. König Roland winkt ihr vom Bett aus nach.
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Agathe, Strolch, Sven, Pimpel und Anastasia marschieren vorsichtig durch den Palast zu Malefitz‘ Turm. Zwei Flure vor dem Eingang treffen sie auf Miri. Sie grüßen einander und Miri fragt Pimpel nach seinem Plan und was er eigentlich braucht.
„Wir müssen die acht Wachen vor dem Haupttor still und leise ausschalten. Ich habe mich als Küchenkraft verkleidet, die Wachen ausgekundschaftet und sie auf ein Bier eingeladen. Dieses Bier und auch deren Wasser will ich mit einem Schlafmittel oder Abführmittel versetzen. Je schneller das Zeug wirkt, desto schneller können wir das Tor übernehmen. Hast Du was passendes für mich, Miri?“ fragt Pimpel.
„Interessanter Plan. Laß mal schauen…“, sagt Miri und durchforstet ihre Tasche mit den Fläschchen. Nach ein paar Minuten suchen kann sie was halbwegs passendes zu Tage fördern.
„So, Pimpel, das hier sollte für deine Zwecke taugen. Es ist zwar kein Schlafmittel oder Abführmittel an sich, aber in Verbindung mit Bier sollte es gehen“, erklärt Miri und gibt Pimpel ein Fläschchen mit einer grünlichen Flüssigkeit.
Pimpel schaut sich das Fläschchen an, nickt und steckt es in die Tasche. Dann verabschiedet er sich von den anderen mit den Worten: „OK, Leute. Ich kümmere mich mit den anderen um das Tor. Verlaßt euch auf mich. Aber schwört mir feierlich, das ihr Schneewittchen und Brummbär befreit und heil zurück bringt!“
„Das werden wir, Pimpel. Das schwöre ich bei meiner Amazonenehre!“, sagt Agathe feierlich, die anderen nicken zustimmend.
Pimpel umarmt Agathe auf Hüfthöhe mit Tränen in den Augen fest, dann rennt er zurück zu den anderen, das Fläschchen wohl behütend.
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Etwas abgehetzt kommt Pimpel bei den anderen im Gesindehaus in der Nähe das Eingangstors an. Stolz präsentiert er das Fläschchen mit der grünen Flüssigkeit, welches er von Miri bekam. Er erzählt den anderen, was Miri über die Flüssigkeit gesagt hatte, da mischt sich Chef ein: „Moment! Miri sagte, mit Bier wirkt es so ähnlich?? Aber… Erstens, was heißt so ähnlich und zweitens haben wir kein Bier! Wie soll das also gehen?“
„Stell Dich nicht immer so an! Ich werde denen das servieren und sehen, was passiert. Dann wird improvisiert!“, sagt Pimpel trotzig.
„Du hättest Sven mitbringen müssen, Pimpel. Das Bier hier in der Stadt schmeckt eh wie Eselpisse. Dann das Zeug da rein und keiner hätte was gemerkt“, grient Seppel.
„Habt ihr es bald? Während wir hier rum überlegen, nehmen sich die anderen Malefitz vor. Sie verlassen sich darauf, das in Kürze das Tor auf ist. Und wenn das auch nur ansatzweise stimmt, was Du sagst, Kleiner, dann werden wir den Wachen hier eine Köstlichkeit servieren. Gebt mir den Krug!“, schimpft Mathilde.
Pimpel reicht ihr den nur zu einem Drittel mit Wasser gefüllten Krug und sie stellt ihn vor sich auf den Boden. Dann entledigt sie sich der Hosen ihrer Wächterverkleidung und stellt sich breitbeinig über den Krug. Mit beiden Händen zieht sie ihre Spalte weit auseinander.
„Mathilde! Du hast doch nicht ernsthaft vor, in den Krug zu pinkeln?“, keucht Harald entsetzt.
„Warum denn nicht? Möchtet ihr das lieber selbst machen, mein Gatte?“, grient Mathilde zurück und schon läßt sie es laufen. Ein dicker, goldgelber Strahl schießt aus dem Pißloch ihrer Spalte direkt in den Krug. Ein paar Spritzer gehen daneben, trotz ihrer bestmöglichen Versuche zu zielen.
„Oh, Gott, die werden Pimpel umbringen, wenn sie das versuchen zu trinken“, stammelt Harald.
Mathildes Pißstrahl ebbt ab, sie hat alles gegeben und den Krug nun fast bis zur Hälfte gefüllt. Dorothea tut es ihrer Mutter gleich und steigt aus den Hosen ihrer Verkleidung, während Mathilde sich wieder anzieht. Auch Dorothea pißt ausgiebig in den Krug, dann folgen noch Seppel und Pimpel selbst, dann ist der Krug voll.
„Möchte noch jemand unser Plörrbräu kosten, ehe ich es mit dem Mittel versetzte?“, grinst Pimpel in die Runde, aber alle lehnen ab. Pimpel öffnet das Fläschchen und verteilt das Mittel auf beide Krüge gleichmäßig. Trotz der grünen Färbung des Mittels fällt es in den Tonkrügen nicht auf. Der Krug mit dem Pissegemisch schäumt sogar etwas.
„Ihr hattet recht, Mathilde und Seppel. Wenn man da so drüber schaut, sieht das sogar besser aus, wie die Plörre aus dem Wirtshaus hier. Ich mache mich sofort auf den Weg, Leute. Haltet euch bereit, falls was schief geht, was ich nicht hoffe“, sagt Pimpel stolz auf dem Weg zu Tür aus dem Raum.
„Viel Glück“, wünscht Harald und tätschelt das gefundene Schwert an seiner Seite.
Pimpel tritt mit den beiden Krügen aus dem Raum auf den Flur, stellt sie ab und richtet seine Küchenhilfenverkleidung aus den Tischdeckenresten. Er atmet tief durch, nimmt die beiden Krüge auf und geht zur Eingangstür des Gesindehauses, welche auf den Hof führt. Er öffnet die Tür und tritt mit den beiden Krügen auf den Hof. Der Hof ist immer noch komplett leer, bis auf die Wachen am Tor. Pimpel marschiert direkt auf die Torwachen zu und schon bald bemerkt ihn der erste der Wachen.
„Hey, Leute, schaut mal wer da endlich kommt!“
„Na, Kleiner, mußtest Du das Bier erst noch brauen?“, fragt der nächste laut über den Platz.
Pimpel zwingt sich zu einem Lächeln. Wenn ihr wüßtet, ihr Pfeifen, denkt er bei sich.
„Fast, meine Herren. Der Koch wollte geizig werden, aber ich konnte ihn überzeugen, einen richtigen Krug rauszurücken“, sagt Pimpel laut. „Alles angetreten zum Getränkefassen!“
Das lassen sich die Wachleute nicht zweimal sagen und jeder greift sich einen Becher aus der Wachstube, dann stellen sie sich davor auf. Pimpel geht auf die Reihe zu, in jeder Hand einen Krug.
„Was darf es sein“, fragt er den ersten in der Reihe.
„Bier!“ sagt dieser, hält Pimpel den Becher hin und Pimpel schenkt ein. Das schäumende, bernsteingelbe Wasser-Pisse-Mittel-Gemisch fließt aus dem Krug in den Becher. Der Wächter schaut in seinen Becher und meint: „Haben wir eine neue Sorte in der Küche?“
„Gutes Auge, mein Freund. Malefitzens Leute haben bei ihrer Expedition einige Fässer Muroloscher Dunkel erbeutet. Ich habe euch einen Krug abzweigen können“, erklärt Pimpel frech.
„Na dann mal her damit“, rufen die anderen und drängen ihre Becher zusammen. Pimpel füllt sie der Reihe nach voll.
„Prost!“, ruft er den Wachen zu, die ihm zurück prosten. „Ich stelle die beiden Krüge hier in die Wachstube. Seht zu, das zumindest der Bierkrug leer ist, wenn ich wieder komme.“
„Yep“, hört er von den Wachen, die das „Bier“ durstig ihre Kehlen hinab schicken. Pimpel macht sich auf den Rückweg. Als er sich verstohlen umblickt, sieht er wie die Wachen fleißig nachfüllen und sich das „Bier“ geben.
Endlich ist er durch die Tür wieder im Gesindehaus verschwunden und er kann seinem Gelächter freie Bahn geben. Die Tür des Raumes öffnet sich einen Spalt und Harald schaut ihn fragend an.
„Denen scheint’s sehr zu schmecken. Jetzt müssen wir nur noch warten, bis das Mittel wie auch immer wirkt“, grinst Pimpel.
Harald schaut seine Mathilde an und meint schelmisch: „Die Herren scheinen einen sehr guten Geschmack zu haben.“ Alle lachen auf.
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Die andere Gruppe, Agathe, Miri, Strolch, Sven und Anastasia sind auf dem Weg zu Malefitz Gemächern. Auf dem Weg dahin hat sich Agathe entsprechend mit etlichen gefundenen Waffen und anderer Ausrüstung eingedeckt. Zusätzlich zu der Montur eine königlichen Wache hat sie noch einige Dolche, kleine Messer, zwei weitere Schwerter, die sie von den Rüstungen in der großen Halle im Eingang ‚entliehen‘ hat, auch eine Armbrust nebst Munition gefunden. Miri beschränkt sich auf ein handliches kleines Schild und ihre Zauberkunst. Sie hat etliche Schutzzauber auswendig gelernt sowie deren Anwendung verbessert. Insgeheim hoffen alle, das sich Malefitz bei ihren Spielchen mit Schneewittchen so verausgabt hat, das sie sie leicht überrumpeln und ausschalten können. Sven, Strolch und Anastasia verlassen sich auf ihre natürlichen Fähigkeiten. Als sie den Flur zu Malefitz Gemächer betreten, ist das Schloß menschenleer. Malefitz Schergen sitzen im Verlies fest, die königlichen Wachen haben, bis auf eine Handvoll, Ausgang. Jeder in der Gruppe hängt seinen Gedanken nach und hofft das Beste.
Vor der Tür sammeln sie sich noch einmal und Anastasia erklärt den anderen leise, aber bestimmt, die Räumlichkeiten und wo sich Malefitz jetzt befinden sollte, wie ihr Florian zuletzt berichtete. Da Agathe am stärksten von allen gerüstet ist und deshalb auch arge Probleme mit dem Schleichen hat, soll sie mit Sven als letzte durch die Eingangstür kommen. Die anderen schleichen sich in eine gute Position und warten ab.
„Warum stürmen wir nicht einfach den Laden und machen sie platt?“, fragt Sven.
„Weil Malefitz nur einen einzigen Bann- oder Kampfzauber aus dem Ärmel schütteln muß und wir wären alle erledigt. Allein durch das Klopfen deiner Hufe auf dem Boden und dem Scheppern von Agathes Rüstung ist sie schon gewarnt, ehe wir alle im Vorraum sind. Da nützt auch Geschwindigkeit nichts“, erklärt Anastasia kopfschüttelnd.
„Und Du willst mir doch nicht erzählen, Grauer, daß Du schneller bist als Anastasia und ich“, grinst Strolch.
Sven schaut ihn schief an und sagt dann ganz trocken: „Du bist in vielen Dingen schneller wie ich, da hast Du recht. Vor allem schneller müde und fertig.“
Die anderen drei müssen ein Kichern mühsam unterdrücken und Strolch ist sprachlos. „Das diskutieren wir später aus“, unterbricht sie Anastasia mit einem leichten Grinsen.
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Malefitz flucht wütend vor sich hin. Sie hat den Eindringling, diesen naseweisen Zwerg, erst bemerkt, als er im Raume stand und vor Schreck über ihre wahre Gestalt in Ohnmacht gefallen ist. Wie konnte das denn passieren? grummelt sie vor sich hin. Sollten nicht eigentlich Wachen vor meiner Tür stehen? Mittels eines Zauberspruchs hat sie den bewußtlosen Brummbär von den Platz aus, wo er umgefallen ist, quer durch den Raum hinüber zu Schneewittchen schweben lassen. Sie überlegt nun, was sie eigentlich mit ihm machen soll.
Ein Zauberspruch und ein Fingerschnippen mit ihren knöchrigen Fingern später ist Brummbär seine Kleidung los.
„Gar nicht mal so schlecht, was der kleine Mann da zu bieten hat“, sagt die häßliche Malefitz halblaut, als sie Brummbär mustert. „Ich wette, dieses Schwert hat deine Scheide auch schon oft gestopft, nicht wahr, Stieftochter?“ Aber Schneewittchen ist bewußtlos und gibt keine Antwort.
„Wollen wir doch mal schauen, wo sich meine nichtsnutzigen Schergen rumtreiben“, sagt Malefitz und geht hinüber zu ihrem magischen Spiegel.
„Spiegel. Spiegel an der Wand, zeig mir den Wachmannsstand. Wo treiben sich meine Schergen rum?“, sagt sie laut und fuchtelt vor dem Spiegel herum.
„Jawohl, meine Königin, geschwind, jedoch sehe ich nicht, wo sie sind“, antwortet der Spiegel. Das Bild im Spiegel ändert sich von ihrem Spiegelbild erst zu einer Rauchwolke hinter dem Glas, dann verschwimmt alles, bis das Spiegelbild schwarz bleibt. Kurze Zeit später zeigt der Spiegel wieder ihr eigenes Spiegelbild.
„Was soll das? Wo sind meine Untergebenen? Warum kannst Du sie nicht finden? Sie sollten hier im Schloß sein und ein paar von ihnen vor meiner Tür. Was ist passiert?“, will Malefitz wissen. Ihre Stimme bekommt einen panischen Unterton und überschlägt sich.
„Eure Getreuen scheinen verschollen. Sie sind an einem Ort ohne Licht und Spiegel. Ich kann sie nicht erfassen. Den Grund vermag ich nicht zu wissen.“
Malefitz stampft wütend mit dem Fuß auf. Kreischend flucht sie herum. „Spiegel, was passiert im Schloß? Zeige mir nacheinander die anderen Spiegel im Schloß.“
„Jawohl, meine Königin, geschwind.“ Wieder verschwindet ihr Spiegelbild im Rauch hinter dem Glas, bis das Bild wieder klar wird. Der magische Spiegel baut nacheinander mit jedem Spiegel im Schloß einen magische Verbindung auf. Langsam erscheinen die Bilder auf dem Spiegel und sie kann in nahezu jeden Raum des Schloßes wie durch ein Fenster schauen.
Sie sieht Zimmer ohne Bewohner, stört unbemerkt die Privatsphäre von einigen Bediensteten, sieht auch in das Gemach des Königs, der ermattet in seinem Bett liegt, leere Flure und leere Aufenthaltsräume der Wachen, aber keinerlei Hinweis auf ihre Schergen oder Eindringlinge. Wütend weist sie den Spiegel an, aufzuhören.
Sie stapft zurück zu ihren beiden neuen ‚Spielzeugen‘. Der Zwerg ist ja hier rein marschiert, also muß er was wissen, denkt sie sich. Das Problem ist nur, Brummbär ist völlig weggetreten. Malefitz weiß auch, das sie in ihrer wahren Gestalt den Zwerg nur verschreckt, also geht sie wieder vor den Spiegel. Sie muß sich stark konzentrieren und sich eine Gestalt vorstellen, die für den Zwerg wohl ansprechend wäre und er ihr alles verrät, was sie wissen will. Sie überlegt kurz, dann hat sie die richtige Idee.
Malefitz baut sich vor dem Spiegel auf, rezitiert eine Zauberformel und ein Kommando, das sie in einer dichten Rauchwolke verschwinden läßt. Als sich der Rauch verzieht, steht Schneewittchen vor dem Spiegel, gekleidet in langen, schwarzen Schnürstiefeln, langen schwarzen Netzstrümpfen und langen schwarzen Handschuhen, also genauso wie Malefitz vorher. Nun kommt der schwierigste Teil für Malefitz: Das Nachahmen von Schneewittchens klarer, heller Stimme. Aus ihren alchemistischen Sammelsurium an Fläschchen nimmt sie ein rotes und ein blaues heraus. Sie macht ein paar Stimmübungen, dann nippt sie an dem roten Fläschchen. Wieder probiert sie es, aber die Stimmlage ist immer noch zu kreischig. Malefitz nimmt einen stärkeren Schluck von dem roten Fläschchen, dann macht sie einen weiteren Versuch. Diesmal klingt sie wie eine Maus. Mit der Flüssigkeit aus dem blauen Fläschchen regelt sie die Stimmlage relativ genau ein. Die beiden Fläschchen wandern wieder in das Sammelsurium und Malefitz in der Gestalt von Schneewittchen geht zum festgezurrten, immer noch bewußtlosen Brummbär.
Sie hockt sich vor ihm hin und rüttelt ihn. Der Zwerg zeigt keine Reaktion. Auch ein paar Backpfeifen bringen ihn nicht zurück. Nur mühsam kann sich Malefitz beherrschen und eigentlich will sie Brummbär den Sack verdrehen, bis er vor Schmerz wach wird, aber als sie seine Kronjuwelen in der Hand hält, entscheidet sie sich anders. Sie muß ja in ihrer Rolle bleiben, sonst wird sie von ihm nichts erfahren, schießt es ihr durch den Kopf. Sie verpaßt ihm eine gefühlvolle Klötenmassage und massiert auch seinen Schwanz hart. Sie beobachtet sein Gesicht genau. Seine runter hängenden Mundwinkel ziehen sich unter dem Bart nach oben.
Was soll’s, denkt sie sich und stülpt ihren Mund über seinen Schwanz. Gekonnt umspielt ihre Zunge seine Eichel, dann verschlingt sie seinen Prügel ganz. Bis zu den Eiern schluckt sie das Rohr und ihre Zungenspitze spielt dabei an seinem Sack. Aus den Augenwinkeln und am Muskelspiel seines nackten Bauches erkennt Malefitz, das Brummbär wieder zu sich kommt.
Brummbär kommt wirklich wieder zu sich und mit einem Auge schielt er an sich herunter. Er erkennt eine wohl bekannte, schwarze Mähne, die an seinem Pint auf und ab lutscht und saugt. Auch der wippende, schneeweiße Hintern ist ihm wohl bekannt, aber irgendetwas ist ihm nicht geheuer. Vor allem, das Schneewittchen ihm einen bläst, um ihn wach zu bekommen, ihn aber nicht vorher losbindet, ist verdächtig. Leider kann er nichts weiter sehen, ohne sich zu bewegen und sich zu verraten. Er beschließt, erst ein mal abzuwarten und auf Zeit zu spielen, bis die Freunde hoffentlich bald kommen.
Immer wieder schaut Malefitz nach oben, um zu sehen, ob der Zwerg die Augen auf hat, aber seine Augen sind zu. Auch sein Bauch macht keine weitere Regung. Unermüdlich lutscht und saugt sie an Brummbärs Schwanz, aber der Zwerg rührt sich nicht. Sie bekommt auch nicht mit, wie sich hinter ihr ganz leise die Tür öffnet und sich eine schwarze Katze, ein Hund und eine kleine, schlanke Frau in den Raum schleichen und sich verteilen.
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