Die Gruppe um Pimpel und König Harald schauen gebannt auf den Hof vor dem Haupttor und sehen zu, wie sich die acht Wachposten am Tor mit dem speziell für sie gebrauten Pißbierersatz vollaufen lassen. Immer wieder macht der Krug die Runde und die Becher werden auf Ex geleert. Die ganze Gruppe kann sich ein Kichern nicht verkneifen, wartet aber immer noch auf das Einsetzen des beigemischten Mittels von Miri.
Mittlerweile ist der Krug leer und einige Zeit vergangen, aber es zeigt sich keine Wirkung. Unruhe und Unbehagen macht sich unter den sechs Zwergen, König Harald, Mathilde und Dorothea breit.
Chef verpaßt Pimpel einen Nackenschlag und sagt leise: „Toller Plan! Die haben sich jetzt den Bauch vollaufen lassen und nichts passiert. Was machen wir jetzt? Wir können doch nicht ewig warten!“
„Aua! Was kann ich denn dafür, wenn Miri mir ein Mittel gibt, was nicht funktioniert. Mein Plan war gut, nur die Utensilien waren schlecht. Im ganzen Schloß gibt es keinen Alkohol zu finden. Und wer weiß, vielleicht hat die Pisse die Wirkung aufgehoben?“, verteidigt sich Pimpel.
„Schluß jetzt mit dem Gewinsel! Es wird Zeit für ein bisschen Autorität!“, sagt Mathilde leise.
„Wie meint ihr das, Königin?“, fragt Chef.
„Ganz einfach. Harald, Du hast doch schon die richtigen Sachen an. Geh da raus und heiz‘ den Wachen ordentlich ein. Ich meine, es kann doch nicht richtig sein, sich als Wachposten so vollaufen zu lassen“, meint Mathilde.
„Völlig richtig, meine Beste. Gut, ich werde ihnen einheizen und sie vom Tor weg locken. Ihr kümmert euch dann um das Tor“, sagt Harald.
„Aber was machen wir in der Zwischenzeit? Ihr werdet sie nicht ewig täuschen können, König Harald“, fragt Chef.
„Unsere Freunde hatten doch auch Kleidung der Wachen an. Ich muß sie halt solange beschäftigen, bis sie auftauchen, dann scheuche ich sie in die Baracken zurück und präsentiere die anderen als Ersatz. Das klappt schon“, erklärt Harald. „So, sitzt alles?“
„Ja, mein Gatte, Du siehst schneidig aus. Los, gib’s ihnen!“, grient Mathilde.
Harald überprüft sich noch einmal, dann tritt er aus der Tür des Gesindehauses auf den Hof. Mit militärischem Schritt marschiert er über den Hof direkt auf die Wachen zu, die sich wieder halbwegs auf ihre Posten gestellt haben. Harald schaut sich um und sucht den geeigneten Platz zum Exerzieren. Er findet was passendes und ist auch schon bei den Wachen angekommen.
„Achtung!“, brüllt eine Wache.
„Was ist hier los? Warum steht ihr hier so lustlos herum und was ist das für ein Krug dort neben der Unterstandtür?“, poltert Harald zurück.
„Sir, wir…“, beginnt die Wache.
„Stottern Sie hier nicht herum, Mann! Los, Los, alle Mann raus treten und in Reih und Glied aufstellen, zack, zack!“, brüllt Harald.
Die Wachen gehorchen und laufen aus dem Unterstand und von ihren Posten und bilden neben Harald eine Reihe. Der greift sich den leeren Krug, riecht daran, dann wedelt er damit vor den Männern herum.
„Aha! Bier! Haben sich die Herren einen gegönnt während sie auf Wache sind, ja? Unglaublich!“, brüllt Harald und schmettert den Krug gegen den Unterstand, so daß der Krug in etliche Scherben zerbricht.
„Achtung! Aufstellung! Rechts um! Vorwärts, Marsch! Euch werde ich lehren auf Wache zu saufen, ihr Säcke!“, brüllt Harald mit diebischem Vergnügen, aber todernst klingend. Die Wachleute parieren und setzen sich in Marsch. Die anderen im Versteck grinsen sich eins und warten auf Haralds Zeichen, so daß sie gefahrlos zum Tor laufen können.
„Laufschritt, ihr Säcke! Auf Auf!“, kommandiert Harald und läßt die acht Wachmänner über den Hof laufen, auf das Gesindehaus der Freunde zu. Erst verstehen die Freunde nicht, was das soll, aber Harald läßt die Wachen einen Schwenk am Gebäude vorbei machen und führt sie hinters Gebäude.
„Augen rechts!“, brüllt Harald als sie die Tür und das Gebäude passieren. Harald macht den anderen ein Zeichen und als der Trupp um die Ecke biegt, laufen die Zwerge und die Frauen zum Tor. Harald bleibt an der Hausecke stehen und läßt die Wachleute im Rosengarten hinter dem Haus ihre Runden drehen.
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Malefitz hat sich mit Hilfe eines Illusionszaubers in Schneewittchen verwandelt, trägt aber noch die gleiche Wäsche wie vorher, Handschuhe, Strümpfe und Stiefel und bläst dem scheinbar bewußtlosen Brummbär kräftig den Marsch. Die echte Schneewittchen liegt auf den Tisch gefesselt, geknebelt und mit Godès gestopft, ohnmächtig da. Mit einem halb geöffneten, für Malefitz nicht sichtbaren Auge hat Brummbär seine Lage und das leise Eindringen seiner Freunde erfaßt. Er wird ihnen ein Zeichen geben müssen, das von Malefitz nicht als solches erkannt werden darf. Und ihm fällt auch schon was ein, als er aus den Augenwinkeln sieht, das sich Miri, Strolch und Anastasia positioniert haben und Sven sowie Agathe noch in der Tür warten.
Malefitz hat zwar seine Arme an den Tisch gefesselt, aber nicht seine Beine. Brummbär setzt alles auf eine Karte und schlingt seine Beine um Malefitz Nacken. Er klemmt sie in seinem Schritt, mit seinem Schwanz tief in ihrem Mund, fest. Malefitz reißt die Augen auf und muß erkennen, das der Zwerg sie ausgetrickst hat. Gerade als sie rachsüchtig zubeißen will, trifft sie ein Lähmungszauber, ausgesprochen von Miri. Malefitz ist für den Moment handlungsunfähig.
Schnell stürmen die Freunde den Raum und auf Miris Zeichen hin, läßt Brummbär Malefitz Nacken mit seinen Beinen los. Agathe packt die bewegungsunfähige Malefitz bei den Schultern und zerrt sie von Brummbär weg. Strolch und Anastasia zerren und kauen an Brummbärs Fesseln, um ihn zu befreien.
„Wie lange hält der Zauber, Miri?“, will Brummbär wissen.
„Leider nicht all zu lange. Beeilt euch lieber und seid auf alles gefaßt“, antwortet Miri.
Es ist nicht ganz klar, ob Miris Zauber zu schwach ist, oder Malefitz Wut und Willen zu groß, denn schon nach einer Minute ist sie wieder im Stande, ihre Glieder etwas zu bewegen.
„Eins noch, Brummbär“, fragt Agathe, „woher hast Du gewußt, daß das nicht die echte Schneewittchen ist?“, und deutet auf die sich zurückverwandelnde Malefitz.
„Ich kenne Schneewittchens Zungenschlag und Blastechnik genau. Da fühlte sich was falsch an. Außerdem, warum sollte Schneewittchen sich hier noch schwarze Reizwäsche anziehen, mir einen blasen und mich nicht befreien, wenn Malefitz nicht hier wäre?“, erklärt Brummbär.
Während sich Strolch und Anastasia mit Brummbärs Fesseln beschäftigt und ihn auch befreit haben, versuchte Miri Schneewittchen von Tisch zu befreien. Malefitz aber, die sich mit eisernen Willen aus dem Lähmungszauber löst, hat es geschafft, die verhexte Peitsche wieder zu aktivieren. Das Teil entrollt sich leise und schlägt hart in die Richtung der Fesselungen Schneewittchens. Erschrocken weicht Miri zurück.
Agathe will kurzen Prozeß mit der noch unter dem Einfluß des Zaubers stehenden Malefitz machen, aber Miri ruft ihr zu: „HALT! Das darfst Du nicht! Bring sie unter gar keinen Umständen um!“
„Warum denn nicht? Diese günstige Gelegenheit bekommen wir nie wieder!“, ruft Agathe zurück, ein Schwert an Malefitz Kehle haltend.
„Weil wir nicht wissen, wie sich das auf Harald und seine Familie auswirkt. Von den immer noch verhexten ganz zu schweigen! Sven, nagle sie am Boden fest und paß auf!“, ruft Miri.
Sven übernimmt den Platz von Agathe und Malefitz wird von zwei starken Hufen auf den Schultern zu Boden gedrückt. Böse funkelt sie Sven an, der Malefitz auch wütend in die Augen sieht.
„Agathe, halt mir mal bitte diese Peitsche vom Hals“, sagt Miri.
„Kein Problem“, sagt Agathe, geht zu ihr und schwingt das Schwert durch die Luft. Die Peitsche kann ein paar mal ausweichen und sogar auf Agathe einschlagen, aber unter der Blechrüstung trägt sie keinen Schaden davon. Agathe fängt einen weiteren Schlag der Peitsche mit dem Schwert ab, so daß sie sich um die Klinge schlingt. Im nächsten Moment läßt Agathe die Klinge auf den Tisch neben Schneewittchen nieder sausen. Die Klinge zerteilt beim Aufprall auf die hölzerne Tischplatte nicht nur einen Teil des Tisches, sondern zerschneidet auch die verhexte Peitsche in viele kleine, ungefährliche Stücke.
Miri hat Schneewittchens Arme von den Fesseln befreit, ihr den Knebel entnommen und will nun ihre Beine losbinden, da sieht sie die rotierenden Godès in ihren Löchern. Schneewittchen stöhnt und keucht, nun vom Knebel befreit, weggetreten vor sich hin.
Miri schaut sich die rotierenden Godès genau an. Mit kundigem Blick erkennt sie, das die Teile verhext sind. Was sie aber noch mehr beeindruckt, ist der Umfang der Dinger und das Schneewittchens Löcher die Godès scheinbar mühelos aufnehmen. Ein lüsternes Lächeln umspielt ihren Mund, die Dinger hätte sie selbst gerne.
Dann aber konzentriert sich Miri wieder auf ihre eigentliche Aufgabe, das Lösen von Schneewittchens Beinfesseln. Allerdings lenkt sie das Geschmatze der Godès in Schneewittchens Löchern sie immer wieder ab.
Agathe steckt das Schwert ein und wischt die Reste der Peitsche vom Tisch. Ihr fällt Schneewittchens Zustand auf: „Die ist ja total weggetreten. Sven wird sie tragen müssen, denn ich muß uns die Wachen vom Hals halten, falls welche kommen.“
Sven schaut auf und diesen Moment nutzt die Malefitz, die sich mit ihren starken Willen gegen den Lähmungszauber Miris durchgesetzt hat. Behende zieht sie ihre Beine an, stemmt sie gegen Svens Brust und wie eine Sprungfeder schleudert sie den völlig überraschten Sven von sich weg. Anastasia und Strolch können sich gerade noch vor ein paar hastig geschleuderten Blitzen in Sicherheit bringen, da steht Malefitz in ihrer ganzen Häßlichkeit vor den Freunden.
Ihre Augen funkeln böse, aus ihren knöchrigen Fingerspitzen zucken kleine Blitze. Von der Verwandlung in Schneewittchen ist nichts mehr übrig. Malefitz zeigt sich wieder in ihrer wahren Gestalt, der widerlich häßlichen, alten, grauhäutigen Vettel. Wieder zuckt ein Blitz durch den Raum, den Agathe instinktiv mit dem schnell gezogenen Schwert zu parieren versucht. Das Schwert absorbiert die meiste Energie des Blitzes, wird aber unangenehm heiß dabei. Ein starkes Kribbeln durchläuft Agathe und nur mit Mühe kann sie das Schwert festhalten.
Miri hat Schneewittchens Beinfesseln gelöst und zieht sie vom Tisch. Zusammen mit Brummbär zerren sie sie unter den vom Schwerthieb Agathes eingekerbten Tisch aus der Schußlinie Malefitz. Anastasia und Strolch halten sich versteckt, denn sie wissen beide nicht, was sie im Moment dagegen tun sollen. Sven rappelt sich langsam wieder auf und ist hinter Malefitz, die sich im Moment nur auf Agathe konzentriert und diese mit weiteren Blitzen eindeckt. Nur mit größter Mühe kann Agathe parieren, das Schwert in ihrer Hand wird immer heißer, unter einigen metallenen Rüstungsteilen steigt leichter Rauch empor. Die Blitze haben das Unterfutter versengt.
Malefitz kommt Schritt für Schritt näher auf Agathe und den Tisch zu, während Agathe immer weiter zurückweichen muß und dicht vor dem großen magischen Spiegel kommt. Malefitz grinst diabolisch, keift eine Zauberformel, während in ihren knöchrigen Händen die Blitze zucken.
Das Glas des magischen Spiegels hinter Agathe beginnt zu wabern und aus ihrem rückwärtigem Spiegelbild wird dunkler Rauch. „VORSICHT!“, ruft Strolch zu Agathe, die ihren Kopf herum wirft und erkennt, was er meint. Wieder läßt Malefitz einen Blitz auf Agathe los, der diesmal voll trifft. Agathe bekommt einen harten Schlag vor die pralle Brust, die Energie des Blitzes läßt ihre Muskeln verkrampfen, sie taumelt zurück auf den Spiegel zu.
Malefitz will einen weiteren Blitz hinterher schicken, aber da springt ihr ein schwarzen Schatten ins Gesicht und zerkratzt ihr wie wild das häßliche Anlitz. Der beschworene Blitz fliegt ohne Ziel an Agathe und dem Spiegel vorbei, dann schlägt er an der Wand ein, einen schwarzen Brandfleck hinterlassend. Anastasia nutzt ihre einzige Chance gnadenlos aus und sie tobt sich mit ihren langen, ausgefahrenen Krallen in Malefitz Gesicht aus. Tief graben sich die Krallen in das welke Fleisch und Malefitz stößt kreischende Schreie aus. Sie taumelt umher, bis sie endlich die schwarze Katze auf ihrem Gesicht zu packen bekommt.
Im selben Moment, als Malefitz sich Anastasia vom Gesicht reißt, was weitere blutende Kratzer hinterläßt, bekommt sie einen gewaltigen Tritt ins Kreuz, der sie nach vorne fliegen läßt. Strolch springt Agathe an und schubst sie zur Seite. Die schreiende Malefitz verfehlt sie nur knapp, als sie an ihr vorbei in die von ihr selbst aufgestellte Spiegelfalle stürzt. Anastasia kann sich im allerletzten Moment von Malefitz lösen, als diese in dem dunklen Rauch des Spiegels verschwindet.
„ZERSTÖRT DEN SPIEGEL!“, schreit Miri laut.
Brummbär schmettert einen Stuhl gegen den Spiegel, in dem sich der Rauch verzieht und wieder ein Spiegelbild erscheint. Krachend brechen einige Ornamente vom Rahmen des Spiegels ab. Brummbär holt erneut aus und schlägt mit dem zerbrechenden Stuhl wieder gegen den Rahmen. Wieder brechen nur Ornamentstücke ab. Agathe rappelt sich auf, die dampfende, heiße Rüstung lastet schwer auf ihr und behindert ihre Bewegungen. Sie schaut sich um und findet das passende an der Wand: einen massiven Morgenstern. So schnell sie kann nimmt sie den Morgenstern von der Wand und wirft die schwere Waffe auf das sich wieder manifestierte Glas des Spiegels. Hinter der Scheibe ist die keifende Malefitz mit zerkratztem Gesicht zu sehen.
Der geworfene Morgenstern trifft das Spiegelglas genau mittig und läßt die Scheibe in tausende kleine Splitter zerspringen. Ein letzter Schrei von Malefitz ist zu hören, dann ist Stille in den Gemächern.
Die Anspannung fällt von den Freunden ab und ein jeder läßt sich an der Stelle nieder, wo er gerade steht. Schweres Atmen ist zu hören, dann fragt Strolch leise: „Ist es vorbei? Haben wir sie besiegt?“
„Es scheint so. Wie es aussieht, ist sie in die Falle getappt, die sie für Agathe vorgesehen hatte“, sagt Miri leise.
„Was hatte sie vor und wieso kam Rauch aus dem Spiegel“, fragt Agathe schwer atmend.
„Sie wollte Dich in den Spiegel treiben und dich festsetzen. Du warst die größte Bedrohung für sie in deiner Rüstung. Uns andere hätte sie mit Leichtigkeit mit ihren Blitzen braten können“, erklärt Miri.
„Verdammt! Dann danke Dir, Strolch. Esel, hast Du ihr diesen Tritt gegeben? Und Katze, was ist in Dich gefahren?“, stammelt Agathe.
„Kein Problem“, grinst Strolch.
„Habe ich und dank Anastasia konnte ich richtig genau zielen. Wo ist sie überhaupt“ sagt Sven.
„Ich bin hier, aber nun muß ich mir unbedingt die Pfoten waschen… Äg, was für ein widerliches Zeug“, meldet sich Anastasia aus einer Ecke.
„Ja, Du hast es ihr ordentlich gegeben. Mal sehen, ja hier ist ein Eimer. Es ist zwar kein Wasser, aber zum Krallen putzen sollte es reichen“, sagt Brummbär und stellt den Eimer mit der Godèflüssigkeit auf den Boden.
Wie auf Eiern gehend, kommt Anastasia aus ihrer Ecke heraus zu dem Eimer. Miri bemerkt, das die Godès im Schneewittchens Löchern aufgehört haben zu rotieren. Langsam zieht Miri die Dinger aus Schneewittchens Möse heraus, einen nach dem anderen. Schneewittchen quittiert das mit einem lauten Stöhnen. Miri bekommt Stielaugen, als sie erkennt, wie lang die Teile sind und immer noch ihre Flüssigkeit in Schneewittchens Löcher pumpen. Ein wahrer Sturzbach ergießt sich aus Schneewittchens Möse und ihrem Arschloch, als alle drei Godès aus ihr heraus sind. Miri wirft die drei harten, spuckenden Stangen in den Eimer, nachdem Anastasia mit ihrer Krallenpflege fertig ist. Malefitz Hautfetzen schwimmen auf der Flüssigkeit.
„Laßt uns Schneewittchen mitnehmen und dann raus hier. Ich schätze mal, die anderen warten schon auf uns und mich würde interessieren, wie die weiteren Auswirkungen sind, jetzt wo Malefitz weg ist“, sagt Anastasia.
„Das sollte interessant werden“, sagt Miri.
„Sven, trägst Du Schneewittchen? Die arme ist immer noch völlig weggetreten. Und ich muß aus diesem Ding raus“, schnauft Agathe.
Während sich Agathe der Metallrüstungsteile entledigt, laden Brummbär und Miri die bewußtlose Schneewittchen auf Svens Rücken wie einen Sack Kartoffeln, d.h. ihr blanker Arsch ragt in die Luft, ihr Oberkörper hängt auf der einen Seite von Sven hinunter und ihre Beine auf der anderen. Miri wirft noch ein Laken über sie, dann sammeln sie alles Brauchbare ein.
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Epilog
Mit dem Verschwinden Malefitz in ihrem magischen Spiegel und der anschließenden Zerstörung des Spiegels ändern sich diverse Dinge schlagartig, die die Freunde allerdings erst nach und nach erfahren werden. Während die Gruppe um Agathe mit der immer noch bewußtlosen Schneewittchen zum Haupttor eilt, um sich mit den anderen zu treffen, macht der geschwächte König Roland, Schneewittchens Vater, in seinen Gemächern eine interessante Wandlung durch.
Als würde ihm ein Schleier von den Augen gerissen, blickt er nun klar durch, was die letzte Zeit in seinem Reich passiert ist. Er muß sich immer wieder schütteln und die Augen reiben, dann blickt er mit Entsetzen an sich herunter, wie er als alter, gebrechlicher Mann im Bett liegt. Sein Schrei hallt laut durch das Zimmer und auch die beiden Wachen vor seiner Tür zucken erschrocken zusammen. Ratlos blicken sie einander an, dann fassen sie sich ein Herz und betreten die Gemächer ihres Königs.
„Verzeiht, Majestät, aber ist alles in Ordnung?“ fragen sie schüchtern und besorgt.
„Wie, was? Wer seid ihr zwei? Ach so, ja, äh… Nein, es ist nicht alles in Ordnung!“, stammelt und schimpft Roland von seinem Bett aus. „Was zur Hölle ist in den letzten Wochen und Monaten passiert? Wieso liege ich hier wie ein alter Greis im Bett?“
„Nun, Majestät, seit ihr mit der edlen Malefitz vom Feenstein verheiratet seid, ging es mit eurer Gesundheit, mit Verlaub gesagt, stetig bergab. Eure Tochter Schneewittchen hat alles in ihrer Macht stehende getan, Euch zu retten, aber dafür wurde sie, mit Verlaub, von euch verbannt“, erklärt eine der Wachen.
„WAS?? Verbannt? Meine einzige Tochter verbannt? Wie kann das sein? Wieso sollte ich meine Tochter verbannen? Wo ist sie überhaupt?“, fragt Roland verwirrt.
„Tut uns leid, Majestät, aber das wissen wir nicht“, antworten die beiden Wachen.
„Dann schickt sofort Männer aus, sie umgehend zu finden und zu mir zu bringen. Ich brauche sofort Antworten. Verdammt, was ist hier los?“, schnaubt Roland.
„Jawohl, Sire!“, salutieren die beiden Wachen und verschwinden aus dem Gemach.
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Während König Roland wieder zur Besinnung kommt, geschehen auch im Stammschloß von König Harald, seiner Mathilde und Dorothea seltsame Dinge. Die Ranken, die das Schloß komplett umwuchert und umschlossen haben, bilden sich in rascher Geschwindigkeit zurück und auch der ganze Wald wird lichter und heller. Im Schloß beginnen sich die ganzen Bewohner des Schloßes und auch die Besucher des damals angesetzten Festes und die Tiere wieder aus ihrer Starre zu lösen. Das Ganze geht teilweise recht kurios vonstatten, denn manche der Gäste sind immer noch so in ihr Gespräch vertieft, das sie einfach anfangen, weiter zu plappern, als sei nichts gewesen. Auch viele der Angestellten machen ihrer Tätigkeit weiter, als sei nichts geschehen. Nur sehr wenige sehen sich verdutzt um und fragen sich was passiert ist. Nur bei den Wachsoldaten scheint sich keine Veränderung einzustellen, sie stehen immer noch steif und starr da, aber das ist auf ihren Dienst zurück zu führen. Lediglich der Zeremonienmeister ist sichtlich nervös, denn ihm ist aufgefallen, daß die Throne leer sind.
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König Harald, als Offizier der Wache König Rolands verkleidet, läßt die Torwachen weiterhin hinter dem Gesindehaus in der Nähe der Rosengärten ihre Strafexerzierrunden drehen. Seine Gruppe, bestehend aus Mathilde, seiner Frau, seiner Tochter Dorothea sowie sechs der Zwerge haben derweil das Haupttor besetzt und warten auf Agathes Gruppe.
Die bewegt sich so schnell und unauffällig wie möglich durch das Schloß nach dem erfolgreichen Kampf gegen Malefitz mit den geretteten Brummbär und der bewußtlosen Schneewittchen hinunter zum Haupttor. Obwohl, daß das Schloß relativ leer ist, versuchen sie Begegnungen mit den Wachen zu vermeiden. Sie ahnen nicht, daß die beiden Wachen vor Rolands Zimmer auf Geheiß des Königs Roland auf der Suche nach ihnen sind. Einer der beiden Wachposten hatte den genialen Einfall, die Torwachen zu informieren, falls Schneewittchen dort auftauchen sollte.
Agathes Gruppe erreicht die Haupteingangstür des Palastes ohne Zwischenfälle und tritt auf den Hof, der zum Haupttor führt. Florian, der alles aus der Luft beobachtet, gibt allen Beteiligten das Signal, das die Luft rein ist. Flott überqueren Agathe, Miri, Sven mit Schneewittchen, Strolch, Anastasia und Brummbär den Hof. König Harald, der immer mal wieder um die Ecke des Gesindehauses schielt, entläßt die Torwache und schickt sie zurück auf die Wachstube mit der leicht verächtlichen Äußerung, Ablösung sei eingetroffen. Die völlig erschöpften Wachen schlurfen durch den Eingang des Rosengartens auf der Rückseite des Palastes auf ihre Stuben. Sie haben keine Ahnung, wer sie abgelöst haben soll. Harald indes schließt sich den anderen am Tor an.
Die Wiedersehensfreude ist groß, vor allem bei den Zwergen. Aber im selben Moment kommen die beiden Türwachen von König Roland aus der Haupteingangstür. Sie werden sofort stutzig über die Zusammensetzung der Wachmannschaft am Haupttor: sieben Zwerge in unterschiedlichster Kleidung, vier Frauen, zum Teil in Wachuniform, ein Offizier und vier Tiere? Da kann etwas nicht stimmen. Sofort eilen sie über den Hof auf die große Gruppe zu.
„Halt! Stehenbleiben! Sofort stehenbleiben! Befehl des Königs Roland!“, rufen die beiden Wachen.
„Verflixt! Was tun wir jetzt? Die zwei Holzköpfe brüllen noch das ganze Schloß zusammen!“, sagt Chef leise.
„Geht ihr langsam zum Tor, ich regle das“, sagt Harald und geht auf die beiden Wachen zu.
Harald baut sich vor den beiden auf ihn zu laufenden Wachleuten auf und stoppt sie. „Alles in Ordnung, meine Herren, danke, aber ich habe alles im Griff. Wegtreten!“
„Sofort, Herr Offizier! Aber wir haben Order von König Roland persönlich. Die Tochter des Königs, Prinzessin Schneewittchen ist bei ihrem Auftauchen umgehend zum König zu bringen. Dringende Angelegenheiten sind zu klären“, erklären die beiden Wachleute.
„Danke, meine Herren. Ich werde die Torwache sofort davon in Kenntnis setzen. Sie können wegtreten“, sagt Harald militärisch zackig.
„Mit Verlaub, Herr Offizier, aber sind sie neu bei der Wache? Zum einen habe ich sie noch nie hier gesehen und auch ihre Uniform und Rüstung weist ein paar Merkwürdigkeiten auf“, sagt eine der Wachen.
„Was erlaubt er sich, Büttel?! Abtreten, aber sofort, sonst ziehe ich andere Saiten auf, ist das klar?“, herrscht ihn Harald an.
Etwas unschlüssig sehen sich die beiden Wachen an. Zum einen steht ein Offizier vor ihnen, der zwar eine nicht ganz korrekte Uniform und Rüstung an hat, eventuell neu ist, ein gänzlich merkwürdige Truppe befehligt und zum anderen haben sie ihre Befehle von König Roland. Als Wachmann weiß man in so einer Situation genau, was los ist: Egal, was man macht, es ist verkehrt. Wenn die Truppe und der Offizier echt sind, gibt es auf den Sack. Ist die Truppe und der Offizier nicht echt und sie lassen sie laufen, gibt es erst recht auf den Sack.
Die anderen machen sich derweil am Tor zu schaffen und öffnen es für die Flucht. Die beiden Wachen bekommen das mit und rufen: „He da, Hände weg vom Tor, bis das hier geklärt ist. Und was transportiert dieser Esel da eigentlich auf seinem Rücken?“
Die beiden Wachen lassen Harald stehen und gehen mutig auf Sven zu. Harald gibt ihnen Zeichen, nicht einzuschreiten, was Agathe gar nicht gefällt. Ihre Hand ruht auf dem Schwertknauf, bereit, jederzeit die beiden neugierigen Wachleute auszuschalten.
Die beiden Wachleute sind nur noch einige Schritte von Sven und dem Bündel auf seinem Rücken entfernt, als sich das Bündel bewegt. Die Freunde stehen starr vor Schreck um Sven herum und keiner weiß so recht, was er machen soll. Harald ruft: „Halt! Finger weg von dem Bündel! Das geht euch nichts an!“
Aber die beiden Wachen ignorieren ihn und schon sind sie bei dem Bündel. Sie schlagen eine Ecke des Lakens zurück und entdecken den pechschwarzen Haarschopf einer nackten Frau. Im selben Moment ziehen die Wachleute, Agathe und Harald ihre Waffen, bereit aufeinander los zugehen.
Drohend und mit gezückten Schwertern stehen sich die vier gegenüber. „Was geht hier vor sich und wer seid ihr wirklich“, fragt die Wache zornig.
„Wir sind hier, um euer Königreich vor der Hexe Malefitz zu retten, waren erfolgreich und wollten gerade gehen, aber ihr zwei laßt uns keine Wahl…“, zischt Harald.
„Ist das Prinzessin Schneewittchen in dem Laken?“, fragt eine der Wachen.
„Was kümmert’s euch, sie wurde verbannt von eurem vernebelten König. Laßt uns ziehen und niemanden passiert etwas“, erwidert Agathe, bedrohlich das Schwert schwingend.
„Wir sind in der Überzahl, also steckt die Waffen weg und laßt uns passieren. Da Malefitz weg ist, wird sich hoffentlich in Kürze vieles aufklären. Ihr habt dann also nichts falsch gemacht“, fügt Harald hinzu, bereit das Schwert in seiner Hand auch zu nutzen.
Miri wühlt kurz in ihrer Tasche, während sich die vier um lauern wie die Raubtiere und fördert ein kleines Fläschchen zu Tage. Sie geht vorsichtig an den Vieren vorbei und hält es Schneewittchen unter die Nase. Der penetrante Geruch läßt Schneewittchen sofort erwachen und hoch schrecken. Dabei reist sie ihren Oberkörper soweit hoch, das sie von Svens Rücken rutscht und auf ihren nackten Hintern fällt, weil ihr die Beine noch versagen.
„Was zum …“, weiter kommt die Wache nicht, den Agathe nutzt die Verwirrung für den ersten Hieb, den der Wachmann nur mit größter Mühe parieren kann. Auch Harald greift an und überrascht seinen Gegner. Klirrend schlagen die Schwerter gegeneinander, Hieb folgt auf Hieb, Streich auf Streich. Agathe und Harald sind überrascht, wie gut sich die beiden Wachleute verteidigen können.
Schneewittchen schüttelt heftig ihren Kopf und versucht, die Folgen ihrer langen Bewußtlosigkeit los zu werden. Das Klirren der Schwerter und Klappern der Rüstungen dröhnt in ihren Ohren. Alle starren gebannt auf den Kampf und die Türen zu den Gebäuden, ob nicht gleich Verstärkung kommt. Endlich hat sich Schneewittchen soweit gefaßt, das sie aufstehen kann. Sie wickelt sich wieder in das Laken, schaut sich um und erkennt die beiden Wachen, die kurz davor sind, von Harald und Agathe entwaffnet zu werden. „STOP! Sofort aufhören!“, ruft sie laut.
Die vier Kämpfenden halten inne und auch der Rest der Freunde schaut Schneewittchen an. „Ich kenne die beiden Wachleute. Tut ihnen nichts, Sie sind mir treu ergeben. Ich hatte sie angewiesen, vor der Tür meines Vaters Wache zu halten.“
Die beiden Wachen salutieren vor Schneewittchen: „Eure Majestät, Prinzessin. Habt Dank. Aber euer Vater wünscht euch sofort zu sehen.“
„Mein Vater? Was ist mit ihm? Geht es ihm besser?“, fragt Schneewittchen ängstlich.
„Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Etwas muß vorgefallen sein, denn er ist nicht mehr von dieser Malefitz von Feenstein besessen, wie noch vor ein paar Stunden. Wir haben von ihm selbst den Befehl erhalten, euch zu suchen und zu ihm zu bringen. Wir hätten aber nicht geglaubt, euch hier im Schloß zu finden, in Begleitung dieser Leute“, erklären die beiden Wachleute.
„Das sind meine Freunde und wie es aussieht, haben sie Malefitz besiegt“, sagt Schneewittchen. Die umstehenden Freunde nicken eifrig. Harald und Agathe stecken ihre Schwerter wieder ein.
„Mein Kind, wenn Dein Vater wieder er selbst ist, solltest Du ihn umgehend aufsuchen. Ich empfehle aber, Dir vorher etwas mehr anzuziehen, als dieses Laken“, sagt Mathilde in ihrer unnachahmlichen Art.
Schneewittchen schaut an sich hinab und sagt lachend: „Ja, Königin Mathilde, ihr habt wie immer recht.“
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Schneewittchen läßt sich von den beiden Wachen in ihre eigenen alten Gemächer bringen, um sich umzuziehen. Die Freunde sollen im Audienzzimmer König Rolands warten. Mathilde, Anastasia und Agathe aber bestehen aufgrund der Ereignisse der letzten Tage und Wochen darauf, Schneewittchen zu begleiten. Die drei sind so überzeugend und auch mit Schneewittchens Erlaubnis bleiben sie bei ihr, als sie sich umzieht und dann ihren Vater besucht.
Dieser ist wirklich wie ausgewechselt, aber noch etwas schwach auf den Beinen. Freudig begrüßt er seine einzige Tochter und entschuldigt sich bei ihr für alles, was er ihr unter dem Einfluß Malefitz angetan hat oder haben soll. Seine Erinnerungen an diese Zeit sind weniger als vage.
Nachdem Schneewittchen die anderen drei vorgestellt hat, bedankt sich Roland auch bei ihnen überschwänglich für ihre Taten und Rettung seiner Tochter. König Roland besteht darauf, auch die anderen der Gruppe alle kennenzulernen, obwohl Schneewittchen das doch lieber wegen seines augenblicklichen Zustandes auf einen späteren Zeitpunkt verschieben wollte.
„Nein, meine Damen, was getan werden muß, muß getan werden! Meine Tochter, hilf mir bitte beim Ankleiden. Ich denke, wenn ich mich etwas abstütze, wird es wohl gehen“, sagt Roland und krabbelt mühselig aus seinem Bett. Agathe, Mathilde und Anastasia wenden ihren Blick ab und Schneewittchen hilft ihrem Vater aus dem Bett. Die beiden verschwinden langsam hinter einem Paravon. Etwas später kommen die beiden, Roland ist nun etwas vorzeigbarer angekleidet mit einer leichten Hose, einem Hemd und einem edlen, langen Morgenmantel sowie Hausschuhen, wieder zum Vorschein. Schwer stützt sich Roland auf seine Tochter.
Agathe kann sich das nicht lange ansehen und tritt entschieden vor die beiden. Ohne viel Aufhebens sagt sie: „Wenn ihr gestattet, Majestät.“ Dann packt sie Roland und ehe er widersprechen kann, hat die kräftige Agathe den alten Mann wie ein Baby auf dem Arm. „Gehen wir“, sagt sie lächelnd.
Die anderen warten im Audienzzimmer und unterhalten sich über die vergangenen Stunden, als die Tür aufgeht und Agathe mit König Roland auf dem Arm eintritt. Schneewittchen, Mathilde und Anastasia folgen ihr. Agathe setzt Roland auf seinem Sessel ab, dann geht sie zu den anderen. Schneewittchen bleibt neben ihrem Vater stehen. Roland begrüßt seine Gäste und Schneewittchen stellt sie ihm einzeln vor.
Sie erzählt ihm in kurzen Worten, wer wie was und wann zu ihrer Geschichte beigetragen hat, nachdem sie das Schloß verlassen mußte. Roland bedankt sich herzlich bei den Freunden für die Rettung seiner Tochter, seines Königreiches und seines Verstandes vor Malefitz und verspricht Harald und Mathilde seine volle Unterstürzung bei der Instandsetzung ihres Schloßes sowie ein politisches Bündnis ihrer beiden Häuser.
Harald und Mathilde bedanken sich herzlich, äußern aber noch eine Bitte: König Roland möge ihnen doch bitte zwei Gefährte bereitstellen lassen, damit sie möglichst schnell zu ihrem Stammschloßzurückkehren können. Selbstverständlich gewährt Roland diese Bitte und eine Wache eilt davon, alles bereit stellen zu lassen.
Als alles bereit gestellt ist, verabschieden sich die Freunde von König Roland und Schneewittchen, die nun bei ihrem Vater in Sicherheit ist. Harald und Mathilde versprechen, in Kürze, nachdem im Stammschloß alles erledigt ist, für ein Wiedersehensfest von Vater und Tochter sowie für das Ende von Malefitz Tyrannei wieder zu kommen.
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Schon auf dem Weg zu ihrem Schloß zeigt sich für Harald, Mathilde und den anderen die erste Veränderung. Der gesamte, das Schloß umgebende Wald ist lichter und nicht mehr so gespenstisch dicht und düster. Die Fahrt zum Schloß in den Kutschen erweist sich als angenehm komfortabel. Am Schloß selbst erwartet das Königspaar eine offene Zugbrücke, ein offenes Tor und sogar Wachen. Da den Wachen die erste Kutsche komplett unbekannt ist, halten sie sie an. Harald lehnt sich aus der geöffneten Tür der Kutsche und begrüßt den Wachmann.
Der erschreckt kurz und salutiert, als er seinen König erkennt. „Majestät! Äh, Sire, was macht ihr in dieser fremden Kutsche? Wart ihr nicht noch vorhin im Thronsaal? Wann habt ihr das Schloß verlassen, Sire? Wir wußten nichts von eurer Abwesenheit, Sire“, stottert der Wachmann.
„Laß gut sein, guter Mann. Das ist eine sehr lange Geschichte, die ich später mal zum Besten gebe. Ist sonst alles in Ordnung im Schloß?“, lacht Harald.
„Jawohl, Sire. Die Gäste zum Feste sind vollzählig eingetroffen und werden euch und eure Familie sicherlich schon erwarten“, sagt der Wachmann verwirrt.
„In dem Gefährt hinter uns sind ein paar sehr gute Freunde, laßt sie ein und versorgt sie aufs Beste. Kutscher, weiter. Park im Hof vor dem Haupteingang!“, ruft Harald.
Die Wache tritt beiseite und die beiden Kutschen passieren das Tor.
„Ach herrje, das haben wir ja völlig vergessen. Dorothea, wir müssen uns noch für dein Fest umziehen. Du solltest Dir doch einen Bräutigam aussuchen“, sagt Mathilde aufgeregt.
„Aber Mutter, ich habe doch schon längst einen“, grinst Dorothea.
„Ich weiß, mein Schatz, aber wir können auf dem Fest wohl schwerlich verkünden, das Dein Bräutigam ein Esel ist. Du wirst Dir wohl oder übel noch einen zweibeinigen, zusätzlichen Esel aussuchen müssen“, sagt Mathilde todernst.
„Meinst Du das im Ernst, Mutter?“, kichert Dorothea.
„Todernst! Erstens brauchen wir einen Thronerben und zweitens wird Sven die Krone nicht passen. Such dir also einen von den Gecken aus und je weniger er an Frauen interessiert ist, desto besser für Dich. Laß dich einfach einmal von ihm schwängern für den Thronerben, dann könnt ihr machen was ihr wollt“, sagt Mathilde, als sie vor dem Haupteingang vorfahren.
„Hör auf Deine Mutter, Kind, sie weiß wovon sie spricht“, sagt Harald zweideutig. Mathilde winkt gespielt entsetzt ab. Als die Karosse vor dem Haupteingang anhält, wird die Tür geöffnet und sie steigen der Reihe nach aus. Der Zeremonienmeister, nervös und aufgeregt fängt die Familie am der Schwelle ab.
„Majestäten, endlich! Mit Verlaub, wo waren sie? Die Festivität ist in vollem Gange und man fragt schon nach ihnen!“, sagt der Zeremonienmeister aufgeregt.
„Dringende Angelegenheiten erforderten unser sofortiges persönliches Eingreifen“, kontert Harald schnell.
„Aber Sire. Und Myladies! Was ist denn das für ein Aufzug? So könnt ihr unmöglich zum Ball erscheinen!“, sagt der Zeremonienmeister hektisch. Seine Nervosität steigert sich ins Unermessliche und der Gute sieht aus, als breche er gleich vor Aufregung zusammen.
„Mein Bester, haltet die Meute noch einen Moment hin, wir werden uns sofort umkleiden. Ich weiß, das sie das regeln können. Schicken sie sofort ein paar Zofen in unsere Gemächer, aber unauffällig!“, fügt Mathilde hinzu.
Schnellstens gibt der Zeremonienmeister die entsprechenden Anweisungen und während Harald, Mathilde und Dorothea unauffällig in ihre Gemächer verschwinden, begibt sich der Zeremonienmeister in den Ballsaal zurück.
Agathe, Miri, die sieben Zwerge und die vier Freunde beobachten das hektische Treiben auf dem Schloßhof von ihrer Kutsche aus. Florian verabschiedet sich von den anderen und flattert zum Hühnerhaus, wo jetzt noch mehr Hennen auf ihn warten. Strolch überlegt, wie er zu Bella kommen soll, ohne getreten, geschlagen oder verjagt zu werden. Sven ist auch nicht so glücklich. Er hätte seine Dorothea lieber wieder ganz für sich alleine durch den Turm gefickt, aber nun muß er warten, was bei diesem albernen Ball herauskommt. Leider sind auch Dorothea und ihre Eltern zu schnell im Schloß verschwunden, als das man sie fragen konnte, was sie denn nun machen sollten.
Die Freunde steigen von dem Wagen herunter, binden Sven los und stehen nun etwas ratlos auf dem Hof herum, als Dorotheas persönliche Zofe auf die Gruppe zu kommt. Etwas unsicher spricht sie sie an: „Hallo? Ihr dort. Seid ihr gerade im unserem König und seiner Familie gekommen?“
„Ja, das sind wir, aber wer bist Du?“, fragt Agathe.
„Ich bin Prinzessin Dorotheas Zofe, ich soll euch zu ihr bringen“, sagt die Zofe.
„Uns alle? Na dann mal los“, sagt Anastasia. „Auf alle Fälle besser als hier herumzustehen.“
Die Zofe führt die ganze Gruppe durch einen Nebeneingang zu den Gemächern von Dorothea. Sie klopft kurz an, dann führt sie nach dem „Herein“ die Gruppe in Dorotheas Gemächer. Die restlichen Zofen waren nicht untätig und Dorothea sieht in ihrem Ballkleid hinreißend aus.
„Ah, da seid ihr ja, Freunde. Wie ihr ja noch wißt, passierte der Fluch genau an dem Tage, als hier der große Ball stattfinden und ich mir einen Bräutigam aussuchen sollte. Ich habe aber beschlossen, mit meinen Freunden zusammen zu bleiben und dazu brauche ich eure Hilfe, damit der Schein gewahrt bleibt“, erklärt Dorothea.
„Ich wusste es, meine Geliebte, Du kannst nicht ohne mich sein, genau wie ich“, schwärmt Sven und will auf Dorothea los galoppieren, aber Agathe hält ihn zurück.
„Laß sie doch erst mal ausreden, Du Schwerenöter!“, grinst Agathe.
„Danke, denn ich brauche Dich dafür Agathe“, sagt Dorothea bestimmt.
„Wieso mich? Wie soll ich dir dabei helfen können?“, fragt Agathe verwirrt.
„Wir werden aus Dir einen stattlichen Prinzen machen, den ich pro forma heiraten kann und alle sind glücklich“, lächelt Dorothea.
„Aber…“, stottert Agathe.
„Kein Aber! Mädels, macht mir einen stattlichen Prinzen aus ihr!“, befiehlt Dorothea und ein Schwarm Zofen umringen die völlig perplexe Agathe.
„Wehr Dich nicht, dann wird’s leichter“, kichert Miri.
„So, ihr anderen wartet in eurem Raum auf mich. Es kann ein bisschen dauern, bis ich mich vom Ball loseisen kann“, erklärt Dorothea zum Rest der Freunde.
Die nicken und verkrümeln sich zu dem ihnen wohl bekannten Gästezimmer. Dorothea überprüft noch einmal den korrekten Sitz ihrer Haare und Garderobe, dann macht sie sich auf den Weg. Ihre persönliche Zofe wird Agathe noch einweisen und dann zum Ballsaal bringen.
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Auf dem Ball haben alle den Eindruck, das gerade mal eine Stunde vergangen ist und niemand durch den Fluch von Malefitz vor 99 Jahren in der Zeit eingefroren wurde. Die Gäste plaudern und schwatzen alle wild durcheinander und so gut wie niemanden ist aufgefallen, daß einige der Leute umgestellt wurden, das Königspaar abwesend war, trotz neuer Kleidung oder das sonst irgendetwas passiert wäre. Mathilde teilt diese Beobachtung heimlich ihren Mann Harald mit und beide kichern darüber, das die Gäste sich schwer um gucken werden, wenn sie wieder in ihre Heimat zurückkehren, wo sich in der Zeit alles verändert hat und sie wahrscheinlich schon für lange tot gehalten werden. Na, das wird ein Hallo geben.
Dann betritt Dorothea endlich den Ballsaal und das Fest kann richtig beginnen. Harald hält seine, jetzt etwas improvisierte Ansprache und der Ball zu Ehren Dorotheas Wahl eines Bräutigams ist eröffnet. Sie hat ihren Eltern aber nichts von ihrem geheimen Plan erzählt, das Agathe als Prinz verkleidet ihre Wahl sein soll. Jetzt spielt Dorothea aber noch brav mit und tanzt mit einem der Verehrer nach dem anderen.
Es ist wie von ihr und ihrer Mutter vorhergesagt: Keiner der Anwärter kann sie auch nur ein wenig begeistern. Es sind alles eitle Gecken, tumbe Deppen oder hirnlose Muskelprotze. Dorothea würde ihnen nicht mal die Bewachung eines leeren Schuppens anvertrauen. Aber tapfer spielt sie ihre Rolle und arbeitet sich durch die lange Reihe an Verehrern, bis endlich nach ein paar Stunden Agathe im Ballsaal auftaucht.
Die Zofen haben ganze Arbeit geleistet. Agathe steckt jetzt in edlen Stiefeln, feinstem Zwirn in Form von dunkelroten Pluderhosen, einem aufwendig besticktem Wams, einem feinem Hemd und einem breit krempigen Hut mit Feder, der ihre Mähne teilweise verdeckt. Ihre prallen Titten sind eingeschnürt, so daß es aussieht wie ein Kerl mit breiter Brust. Ihr Prachthintern wird von der weiten Pluderhose getarnt, nur die Beule vorne paßt ins Bild. Agathe und Dorothea haben sich gesehen und um Zeit zu sparen, bahnt sich Agathe ihren Weg durch die Menge.
Als sie bei der tanzenden Dorothea ankommt, klatscht sie Dorothea von ihrem aktuellen Tanzpartner ab mit einer lustigen Bemerkung, vorgetragen mit verstellter, tiefer Stimme. Agathe stellt sich als Prinz Agarta von Sonstwoher vor und bittet Dorothea zum Tanz. Dorothea willigt ein und dann muß Dorothea auf ihre Füße aufpassen. Die Zofen haben Agathe zwar ein paar Tanzschritte beigebracht, aber Agathe ist kein begnadeter Tänzer. Unmut macht sich breit, denn Abklatschversuche anderer Verehrer werden von Prinz ‚Agarta‘ strikt unterbunden. Die beiden tanzen sich zu den Thronen ihrer Eltern vor und Mathilde hat den Plan ihrer Tochter schnell durchschaut.
Als Dorothea ihren Vater bittet, ihre Wahl bekannt zu geben, winkt Mathilde ab. Sie nimmt die beiden beiseite und flüstert: „Schlauer Plan, mein Kind, aber ich möchte die anderen Gecken noch nicht so schnell vor den Kopf stoßen. Agathe bleibt erst mal hier bei mir und tanzt mit mir ein wenig, quasi für die engere Auswahl. So, husch husch…“
„Aber Mutter, warum…“, beginnt Dorothea.
„Weil es sich so gehört und ich es sage! Du hättest uns ja vorher einweihen können. Und jetzt ab, mein Kind, Deine Verehrer warten. Und lächeln!“, sagt Mathilde grinsend. Sie zieht Agathe mit und reiht sich in die Tänzer ein. Mathilde und Agathe einigen sich schnell, das Mathilde jetzt führt.
Mathilde läßt ihre Tochter noch volle zwei Stunden schmoren, während Harald sich das alles belustigt ansieht. Dann, zu vorgerückter Stunde, läßt Harald die Musik verstummen und ergreift das Wort. Er bittet seine Tochter zu sich und auch Mathilde mit Agathe. Dorothea verabschiedet sich von ihrem Tanzpartner und eilt zu ihrem Vater vor seinem Thron.
Als die gesamte Gesellschaft ihre Aufmerksamkeit auf den Bereich vor den Thronen richtet, beginnt Harald: „Nun, meine Tochter, hast Du deine Wahl getroffen oder möchtest du noch etwas Bedenkzeit. Bedenke, diese Wahl ist wichtig für dein weiteres Leben und das Wohl des Reiches. Nun, wie lautet Deine Antwort?“
„Mein geliebter Vater, ich habe mich entschieden“, beginnt Dorothea, „Ich wähle den Prinzen Agarta von Sonstwoher zu meinen Gemahl!“
Ein Raunen und Murren geht durch den Ballsaal, einige rauschen umgehend beleidigt davon, einige schütteln den Kopf, aber die große Menge klatscht Beifall für das neue Paar. Harald wiederholt die Aussage seiner Tochter, fragt Agathe nach ihrer Zustimmung, die schnell bejaht, nachdem Mathilde sie unauffällig geknufft hatte, dann sagt Harald laut: „Dann soll es so sein und wir werden in ein paar Wochen die Hochzeit bekannt geben. Mein Damen und Herren, wir danken ihnen und erklären den offiziellen Teil des Balles für beendet und wünschen allen Anwesenden eine gute Heimreise. Wir ziehen uns jetzt zurück. Laßt es euch aber nicht nehmen, noch ein wenig zu feiern und auf das neue Paar anzustoßen. Gute Nacht.“
Die Musik spielt wieder auf und die Ballbesucher machen fröhlich weiter. Harald, Mathilde, Dorothea und ihr neuer ‚Gemahl, Prinz Agarta‘ verschwinden aus dem Ballsaal in ihre Gemächer.
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In dieser Nacht legten Dorothea und Mathilde mit den Zwergen, Agathe, Miri, Sven und Strolch eine wahre Verlobungsorgie hin, die bis in die frühen Morgenstunden dauerte. Harald inspiziert an diesem Morgen sein Schloß und seine komplett bewaldeten Ländereien. Es ist alles gut in Schuß und nun, da wieder Personal zugegen ist, läuft alles reibungslos. Er erinnert sich an König Rolands Angebot und macht sich ein paar Notizen. In Kürze werden er und seine Familie ihn wieder besuchen.
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König Harald, Mathilde, Dorothea, die Zwerge, Agathe und Miri sowie die Freunde besuchen König Roland und Schneewittchen. Dabei besprechen die Könige eine Art Zusammenlegung der beiden Schlösser, den Rolands Reich hat sich während des Fluches zum allergrößten Teil auf Haralds Ländereien ausgebreitet. Die beiden setzen einen entsprechenden Vertragsentwurf auf, der noch genau ausgearbeitet werden wird.
Schneewittchen teilt den anderen in der Zwischenzeit mit, daß ihr Vater sie aufgefordert hat, sich einen Bräutigam zu suchen. Mathilde stellt die Frage: „Hast Du schon jemand bestimmten ins Auge gefaßt, mein Kind?“
„Nun ja, aber das ist schwierig. Erstens sind es mehrere und ich kann nur einen heiraten, aber keinen von ihnen ist ein Prinz“, erklärt Schneewittchen und schaut auf die Zwerge.
Chef ist der Einzige der sieben, der den Wink verstanden hat. „Wenn Du wirklich uns meinst, Schneewittchen, kann ich Dir Entwarnung geben, wenn es ein Prinz sein muß.“
„Wie meinst Du das?“ fragen alle im Chor.
„Nun, der gute Pimpel hier ist der legitime Thronfolger des Zwergenreiches Murolosch. Er müßte lediglich sein Thronrecht einfordern, den Thronräuber und seine Schergen beseitigen, dann gehört alles ihm“, sagt Chef lapidar.
Pimpel blickt ihn verstört an und auch dem Rest steht der Mund vor Erstaunen offen. Nur Brummbär nickt ihm beipflichtend zu. „Wir haben sogar noch Dokumente, die das belegen, retten können. Pimpel ist ein waschechter Prinz der Zwerge, der damals von Chef und mir gerettet wurde vor den Schergen des Thronräubers. Aber das ist eine andere Geschichte.“
Nachdem Schneewittchen den ersten Schock verdaut hat, erhellt sich ihr schönes Gesicht wieder und sie fragt Pimpel, was er denn davon hält. Der ist so verdattert, das er kein Wort raus bringt. Chef grinst nur und meint trocken: „Ich glaube, er meint ja und ja, stimmts?“ Dann knufft Chef Pimpel und der nickt hastig.
Freudig teilt Schneewittchen ihre Wahl ihrem Vater mit, der zwar erst leichte Bedenken hat, dann aber doch einwilligt. Ein Zwergenreich birgt schließlich immer große Schätze und fähige Handwerker. Schneewittchen und Dorothea beschließen, ihre Hochzeiten zusammen zu feiern, vor allem, da ihre mit Agathe, dem ‚Prinzen Agarta‘ nur pro forma sein sollte.
Gesagt, getan. Ein paar Monate später war es dann soweit und alles lief reibungslos über die Bühne. Schneewittchen heiratet Pimpel, den Zwergenprinz und Dorothea ihren ‚Prinzen Agarta‘, um weiterhin ungestört mit Sven vögeln zu können. Die Hochzeitsnächte wurden, wie kann es anders sein, als ausschweifende Orgie mit allen Freunden zelebriert. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann vögeln sie sich heute noch gegenseitig das Hirn raus.
ENDE
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Disclaimer
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ISBN: 9780463967812
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Diese Geschichte ist locker geschrieben und man muß immer wieder schmunzeln.
Aber mir fehlt das animalische z. B.
König Roland und Schneewittchen/Schneefickchen am Königshof bei den Hoftieren.
He he, ließ die anderen 16 Kapitel. 🙂
greetz Don Luzifer
Tz tz tz … da steht die Story fast drei Wochen lang unter meinem Namen online und keiner sagt was. Natürlich habe nicht ich diese Story geschrieben, sondern stammt wie alle anderen Teile auch aus der Feder von Don Luzifer.
Kaum bin ich mal ne Weile nicht da, geht es hier drunter und drüber…. 😀 😀 😀 :*