Mitte März 2017:
In wenigen Tagen sollte es also soweit sein: „Meine kleine Caprice“ sollte nach siebzehn langen Jahren wieder in mein Leben treten! Siebzehn lange Jahre… Eine lange Zeit…
Vieles war in dieser Zeit geschehen. Viel Schönes aber auch viel Schlimmes. Zu vieles wenn ich heute so darüber nachdenke.
Aber was ist schon Zeit…!?
Und so flossen auch diese Tage dahin.
Am Montag den 27. März 2017 erhielt ich dann im Ministerium von meinem Freund einen Anruf, dass er Caprice am Samstag, den 1. April zu uns auf den Gutshof bringt.
Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag… Die Tage quälten sich dahin wie die Ausdehnung des uns bekannten Universums. Ein schreckliches Gefühl!
Und dann war es endlich soweit: Samstag, der 1. April 2017!
Ich konnte zwar auch schon die Tage zuvor nicht richtig schlafen, na ja, gar nicht wäre hier wohl der bessere Ausdruck, doch diese letzte Nacht war die Schlimmste von allen.
Es war, als ob ich wieder zu einer Hinrichtung musste. Ein blöder und unangebrachter Vergleich. Ich weiß. Aber anders lässt sich meine Aufregung und Nervosität in diesen letzten Stunden einfach nicht beschreiben.
Und so quälte ich mich durch die Nacht. Drehte mich in meinem Bett von einer Seite auf die andere. Wieder und immer wieder. Ich starrte an die Decke und die Wand, versuchte zwanghaft meine Augen zusammenzupressen. Doch es gelang mir nicht.
Dementsprechend physisch und psychisch erschöpft und gezeichnet fuhr ich dann am Samstag-Morgen zu unserem Gutshof.
Natürlich war ich viel zu früh.
Mein Freund hatte mir am Abend zuvor noch eine SMS geschickt, dass er am späten Nachmittag kommt. Und so hatte ich noch einige Stunden Zeit, die ich, trotz oder gerade wegen meines physischen und psychischen Zustands, mit der Arbeit an einem Bericht über eine vermutete Turmhügelburg bei uns im Nachbarort verbrachte.
Und so bemerkte ich auch nicht wie mein Freund um 16 Uhr auf unserem Gutshof ankam.
Erst als mein Freund „Ey Du scheiß Politiker!“ von der Terrasse des Herrenhauses zu meinem Arbeitszimmer hoch brüllte bemerkte ich ihn.
Erschrocken sprang ich auf und schaute aus dem geöffneten Fenster.
„Ach Du bist das…!“, lachte ich meinem Freund entgegen.
„Wo steckst Du denn!?“, blaffte er mich genervt an.
„Wir warten hier schon ’ne Ewigkeit!“
„Ja, ja…!“, konterte ich gelassen. „Bin ja schon da! Bin ja schon da!“, und ging runter.
Dabei hörte ich noch wie mein Freund mir „Was heißt hier „Ja, ja…? Ja, Ja“ heißt, LECK MICH AM ARSCH!“ hinterher rief.
„Nicht einmal das Versprechen das Du pünktlich bist kannst Du halten!“, lachte mein Freund mich sarkastisch an, als ich aus dem Herrenhaus kam.
„Und Du kannst mich auch mal!“, lachte ich ihn an und fügte noch hinzu das er mich ja nicht hätte wählen brauchen. Dann gingen wir zusammen zur Stallmeisterwohnung der Sozialpädagogischen Einrichtung.
Jacqueline, die Leiterin der Sozialpädagogischen Einrichtung, erwartete uns schon voller Freude und fragte auch gleich nach dem Pferd und zeigte meinem Freund wo er mit dem Pferdetransporter hinfahren muss, um Caprice abzuladen.
Nervös und angespannt folgte ich den beiden zu den Stallungen. Doch ließ ich mir nichts anmerken. Zum Glück. Sonst hätten die beiden am Ende noch unangenehme Fragen gestellt.
„Wenn Ihr wüsstet…!“, dachte ich frech und wartete aufgeregt das mein Freund mit dem Pferdetransporter vorfuhr.
Diese letzten Minuten, diese letzten Augenblicke des Wartens, sie kamen mir noch einmal oder schon wieder wie die Unendlichkeit des uns bekannten Universums vor.
Es war, als schritt ich durch ein Meer aus Beton der gerade am trocknen war…
Und dann mit einem Male vernahm ich ein Geräusch, das so gar nicht in diese innere Stille passte.
Ich konnte dieses Geräusch im ersten Moment nicht wirklich zuordnen, doch als es dann immer näher kam, erkannte ich es: Es war das Geräusch eines großen Dieselmotors.
Voller Freude begann ich zu grinsen. Wusste ich doch zu was für einem Fahrzeug dieses Motor gehörte.
Das Geräusch kam näher und näher.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erblickte ich schließlich einen großen, silbernen MAN-Pferdetransporter der sich der Auffahrt zu den Stallungen nährte. Der Transporter fuhr auf den Hof zu den Stellplätzen vor den Stallungen und stoppte.
Freudig und im schnellen Schritt ging ich zu dem Transporter.
Mein Freund stieg aus und öffnete die Klappe.
Ein Schaudern erfasste mich in diesem Augenblick. Alles um mich herum stand nun still… Endgültig! Die Zeit, der Raum, mein Atem, mein Puls, mein Herzschlag… einfach alles…!
Blickte ich doch nun mit einem Male wieder in die wunderschönsten dunklen Augen, die mir je begegnet sind…
Jetzt war es also endlich soweit!
Das quälende lange warten, die Unsicherheit und die Anspannung der letzten Tage. Alles war in diesem einen Augenblick nun vorbei: Nach 17 langen Jahren stand ich wieder meiner geliebten Caprice gegenüber!
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